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Schwäbische Zeitung – Freitag, 11.Januar 2013

Von Christian Schreiber

Das Spiel von Wasser, Wind und Walen

Santa Catarina gilt als Südamerikas beliebtestes Urlaubsziel – und ist Partnerland der CMT in Stuttgart
Plötzlich taucht Michael Jackson auf. Alle stürmen in seine Richtung, halten seine fließend-eleganten Bewegungen mit der Kamera fest. Viele hoffen, dass er näher kommt, aber er ist halt scheu. Dann wird es still, nur die Wellen, die – schwapp-schwapp - auf das Schiff treffen, sind zu hören. Das Boot, besetzt mit 50 Touristen, treibt vor Santa Catarina. Das zweitkleinste brasilianische Bundesland zählt zu den weltweit besten Beobachtungsposten für Glattwale, hat aber noch viel mehr zu bieten: Surf-Spots, Top-Strände, einzigartige Fischerfeste, Austern und Meeresfrüchte machen die 700 km lange Küste zu einem der beliebtesten Urlaubsziele Südamerikas. Es lohnt sich, entlang der Meereslinie zu reisen. Hier bestimmt der Atlantik das Leben.
Der Mann, der den Walen einen Namen gibt, sitzt am Steuer des Bootes. Enrique Litman (62), Vorsitzender des Glattwal-Instituts, das sich für den Erhalt der Tiere einsetzt, ist sonst nicht sonderlich kreativ. Aber weil Michael Jackson nicht schwarz, aber auch nicht richtig weiß war, sei ihm die Idee gekommen. Jetzt hat er schon wieder einen Wal entdeckt, ruft laut „Linda“ und schaltet den Motor aus. Wellen und Wind treiben das Boot auf einen schwarzen Walrücken zu. Linda wiegt um die 40 Tonnen und ist so lang wie ein Lkw mit Anhänger. Daneben schwimmt ihr Baby, erst ein paar Wochen alt, noch ohne Namen. Manchmal spielen die Wale sogar mit dem Boot, Enrique Litman hat ein Video, auf dem zu sehen ist, wie seine Frau und seine Kinder an der Reling sitzen und der Wal ihre Füße berührt. Aber Linda zieht mit ihrem Baby ab. Auch die anderen fünf Walmamis in der Bucht von Ibiraquera haben im Moment keine große Lust auf Touristen. „Heute sind sie leider nicht so gut drauf“, sagt Kapitän Enrique. Dabei müssen sie hier vor der Küste nichts mehr befürchten. Weil die Jagd vor gut 30 Jahren verboten wurde, gibt es wieder 500 Glattwale in brasilianischem Gewässer. Mehr als die Hälfte taucht und prustet vor Santa Catarina. Glattwale sind die einzigen, die so nahe wie möglich an die Küste kommen, um ihre Babys zu kriegen und sie aufzuziehen. Orkas, die Jagd auf den Nachwuchs machen, lauern erst 30 Kilometer weiter draußen. Das Wasser ist so warm, dass die Glattwale, die ohne Fettschicht auf die Welt kommen, nicht frieren und Muskeln aufbauen können. Aus der Ferne können wir das Training beobachten, sehen, wie ein Wal springt, zwei Mal, drei Mal, dann peitscht er mit seiner Flosse ordentlich aufs Wasser und taucht ab.
Kauli Seadi hat solch faszinierende Momente schon hautnah erlebt. Nur, dass er nicht mit einem Boot unterwegs war, sondern mit dem Surfbrett. Der Windsurf-Weltmeister von 2005, der immer noch zur Weltspitze gehört, trainiert in den Walbuchten von Santa Catarina: „Die Babys sind oft so neugierig, dass sie unter meinem Board durchtauchen.“ Bis zu seinem zwölften Geburtstag hat Kauli Seadi kein Surfbrett aus der Nähe gesehen, aber dann zog er mit seinen Eltern an die Südostküste Santa Catarinas. „Da hat mein Leben erst richtig begonnen.“ Im Teenager-Alter, als seine Kumpels längst mit Caipirinha, Alexia und Karin am Strand liegen, steht er bis zum Sonnenuntergang auf dem Brett. Sein Fleiß wird belohnt – Kauli Seadi wird zum brasilianischen Volksheld. „Wind und Wasser haben mir alles im Leben gegeben. Dafür bin ich unendlich dankbar.“ Mittlerweile hat er zwei Surfschulen aufgebaut und freut sich über das große Interesse aus Europa. 40 Prozent der Wassersport-Touristen kommen gar aus Deutschland, die meisten zum Wellenreiten. „Wenn du in Santa Catarina einen guten Tag erwischt, dann ist es magisch.“
Sonne, Wellen und Strand
Der benachbarte Strand von Praia do Rosa zählt weltweit zu den Lieblingsplätzen von Kauli Seadi. Vor allem, weil er hier auch mit seiner Freundin, die noch Anfängerin ist, dem Sonnenuntergang entgegen surft. Die New York Times zählt den unter Naturschutz stehenden Abschnitt gar zu den Top 30 auf Erden. Der Stellenwert einer solchen Auszeichnung wird einem als Europäer erst bewusst, wenn man bedenkt, dass ein Brasilianer auf die Frage, wo er herkommt, nicht den Wohnort nennt, sondern den nächstgelegenen Strand. Besonders stolz sind jene Menschen, die mit „Laguna“ antworten können. Der Küstenstreifen im Süden Santa Catarinas ist Kult, weil dort zwischen April und Juni ein einzigartiges Fest gefeiert wird. Tausende Touristen kommen, um einem Naturschauspiel beizuwohnen, bei dem Delfine große Schwärme Meeräschen Richtung Küste treiben, wo die Fischer mit ihren Netzen warten. Niemand weiß, warum die Delfine den Menschen helfen. Aber das Laguna-Fest gehört zu den wichtigsten des brasilianischen Eventkalenders.
Santa Catarina im Süden Brasiliens
Santa Catarina präsentiert sich als Partnerland der Reisemesse CMT in Stuttgart, die morgen beginnt (12. - 20. Januar), Internet: www.messestuttgart.de
Anreise: TAM fliegt von Frankfurt nach Rio / Sao Paulo. Von dort Anschlussflüge nach Florianópolis. Infos: www.tam.com.br
Veranstalter: Der deutschsprachige Veranstalter Aventura do Brasil hat sich auf Santa Catarina spezialisiert, bietet zum Beispiel zweiwöchige Rundreisen. Weitere Infos: www.aventuradobrasil.de
Whale-Watching – Die Website www.praiadorosa.imb.br bietet Infos und einen Überblick über Anbieter. Für eine zwei- bis dreistündige Tour muss man mit 75€ pro Person rechnen. Das Glattwal-Institut (Praia do Rosa) bietet auf seiner Homepage nur Infos auf Portugiesisch: www.institutobaleiafranca.blogspot.de
Windsurfen – Die Windsurf-Camps von Kauli Seadi in Santa Catarina sind abrufbar unter: www.kauliseadi.com.br