Sebastião Salgado – ein außergewöhnlicher Fotograf
Eine Welt in Schwarz und Weiß
Der Atlantische Regenwald, auch Mata Atlantica genannt, ist ein Gürtel verschiedenster Waldtypen an der Atlantikküste im Osten Brasiliens. Einst erstreckte sich die Mata Atlantica über 1.300.000 Quadratkilometer, davon sind heute nur noch 7 Prozent entlang der Küste Brasiliens erhalten. Der Wald ist aber trotzdem noch die Heimat von einer großen Artenvielfalt an Pflanzen und Tieren. Vor allem der Bundesstaat Santa Catarina, auch ein beliebtes Ziel für einen Brasilien Urlaub, beherbergt noch einen großen Teil der Mata Atlantica.
Doch dieses wichtige Ökosystem wird schon seit langem von der Zerstörung bedroht, wie zum Beispiel durch extreme Abholzung. Sebastião Salgado, ein Fotograf mit brasilianischen Wurzeln, setzt sich dem zur Wehr und beschloss, auf dem Gelände der Farm seiner Familie zweieinhalb Millionen Regenwaldbäume zu pflanzen. Doch vor allem wurde er als Fotograf durch seine eindrucksvollen schwarz-weiß Aufnahmen berühmt. Er berichtet mit seinen Bildern über Umweltschäden und humanitäre Missstände und wurde dabei nicht nur einmal mit den brasilianischen Behörden konfrontiert. Er lässt sich aber nicht von seinem Auftrag abbringen.
Sein Leben: Vom Ökonomisten zum Fotografen
Salgado wurde am 8. Februar 1944 in Aimorés, im Bundesstaat Minas Gerais geboren. Er wuchs auf der elterlichen Farm auf. 1963 zog er nach São Paulo, um an der Universität Wirtschaftswissenschaften zu studieren. 1969 zog er gemeinsam mit seiner Frau nach Paris. Während Arbeitsreisen nach Afrika entdeckte er seine Begeisterung für die Fotografie. Die ersten Aufnahmen machte er mit der Leica seiner Frau. So machte er sich 1973 als Fotojournalist selbstständig. Dies war der erste wichtige Schritt für seine darauffolgende Karriere als Fotograf. Er arbeitete für die Fotoagenturen Sygma, Gamma und Magnum-Photos, bevor er 1994 seine eigene Agentur Amazonas Images mit seiner Frau gründete.
Salgado ist ein UNICEF-Botschafter des guten Willens. In seiner bisherigen Karriere wurde er schon mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, wie mit dem W. Eugene Smith Memorial Fund Grant in 1982 oder mit der Centenary Medal and Honorary Fellowship (HonFRPS) der Royal Photographic Society in 1993. Seit April 2016 ist er Mitglied der Académie des Beaux-Arts am Institut de France. Letztes Jahr erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.
In von ihm ausgewählten Langzeitprojekten auf der ganzen Welt dokumentierte Salgado über mehrere Jahre hinweg das Leben von Menschen. Vor allem von Menschen, die am unteren Ende der Gesellschaft stehen, aus der sogenannten Dritten Welt. Daraus entstanden nach jahrelanger Arbeit beeindruckende Bildbände und Wanderausstellungen.
Salgado ist nicht nur Fotograf und Fotoreporter, sondern auch Umweltaktivist. Dabei setzt er sich unter anderem gegen die Abholzung ein. Er ließ das Gelände um die elterliche Farm mit Regenwaldbäumen aufforsten und schenkte es dem brasilianischen Staat als Nationalpark. Gemeinsam mit seiner Frau gründete er das Instituto Terra, welches sich die Wiederaufforstung der Wälder und den Naturschutz zum Ziel setzt. Auch die Kampagne von Survival International zum Schutz der Awá-Indianer, die durch illegale Abholzung auf ihrem Gebiet bedroht sind, wird von ihm unterstützt.
Seine Werke: Einzigartige Fotografien zwischen Kunst, Politik und Menschlichkeit
„Duft der Träume“ zeigt Fotografien von Kaffeearbeitern, wie zum Beispiel aus Indien, Guatemala, Äthiopien und Brasilien. Die Aufnahmen dokumentieren das Leben und die Arbeit der Pflücker von der Aussaat und Ernte bis zur Weiterverarbeitung der Kaffeebohnen. Ziel des Projektes war es, die Öffentlichkeit für die Ursprünge des beliebten Getränkes zu sensibilisieren.
Der Bildband „Genesis“ zeigt makellose Gesichter der Natur und der Menschheit. Er besteht aus einer Reihe von Landschafts- und Wildtierfotografien, sowie Fotos von menschlichen Gemeinschaften, die weiterhin im Einklang mit ihren angestammten Traditionen und Kulturen leben. Dieses Werk ist als ein möglicher Weg zur Wiederentdeckung der Menschheit in der Natur konzipiert.
Der Bildband „Arbeiter: Zur Archäologie des Industriezeitalters“ zeigt die Arbeiter des Industriezeitalters in den Bereichen Landwirtschaft, Bergbau, Öl, Bauwesen, Lebensmittel und Industrie. Salgados eindringliche Bilder von Teepflückern in Ruanda, Staudammbauern in Indien, Stahlarbeitern in Frankreich und der Ukraine, Zuckerrohrerntemaschinen in Brasilien, Fließbandarbeitern in Russland und China, Schwefelminenarbeitern in Indonesien und anderen Arbeitern würdigen auf bewegende Weise diese Menschen, die in Salgados Darstellung ihre Würde unter härtesten Bedingungen bewahrt haben.
Für den Bildband „Migranten“ verbrachte Salgado sechs Jahre mit Migrantenvölkern und besuchte mehr als 35 Länder, um die Vertreibung auf der Straße, in Lagern und in überfüllten städtischen Elendsvierteln zu dokumentieren. Sein Projekt umfasst Lateinamerikaner, die in die Vereinigten Staaten einreisen, Juden, die die ehemalige Sowjetunion verlassen, Kosovaren, die nach Albanien fliehen, die Hutu-Flüchtlinge aus Ruanda sowie die ersten Araber und Afrikaner, die versuchen, per Boot über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Seine Bilder zeigen diejenigen, die wissen, wohin sie gehen, und diejenigen, die einfach auf der Flucht sind, erleichtert, am Leben zu sein und unverletzt genug, um zu fliehen. Die Gesichter, denen er begegnet, zeigen Würde und Mitgefühl in den bittersten aller Umstände, aber auch viele Spuren von Gewalt, Hass und Gier.
Der 1985 erschienene Bildband „Anderes Amerika“ enthält Fotografien von Salgados zahlreichen Reisen durch Brasilien, Ecuador, Bolivien, Peru, Guatemala und Mexiko. Er dokumentierte das sich verändernde religiöse und politische Klima in der Region, das sich insbesondere in den ländlichen Kulturen und traditionellen Lebensweisen Lateinamerikas widerspiegelt. Der Band enthält Porträts von Bauern und indigenen Völkern, Landschaften und Bilder der spirituellen Traditionen der Region.
„Gold“ – sein bekanntestes Werk
Im Jahr 1986 verbrachte Salgado einen Monat in der Serra Pelada, in einer der damals größten Goldminen der Welt. Dort entstand das Material für seinen Bildband „Gold“. Er lebte mit den Minenarbeitern. Salgado brachte seine Hängematte mit und außerdem einen Vorrat an Reis, schwarzen Bohnen und gesalzenem Trockenfleisch. So lebte er unter den gleichen Umständen und so entstanden auch seine beeindruckenden Aufnahmen, welche den Goldrausch, die Gier nach dem erlösenden Fund und die Hoffnung der Menschen festhielten. Er gab den Minenarbeitern ein Gesicht und zeigte gleichzeitig das Grauen und die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in der Mine.
Der Bildband erschien 2019 und Salgado erhielt dafür noch im selben Jahr den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Es ist ein grandioses Werk und zählt zu den Highlights der Fotoreportage.
Der Kampf von Sebastião Salgado ist natürlich noch nicht vorbei. Seit Jahrzehnten verfolgt er mit seiner Arbeit seine ehrgeizigen Ziele. Seine Bücher und seine Ausstellungen sollen auf die humanitären Missstände und die Schäden, die wir unserer Umwelt zufügen, hinweisen.
Quellen: www.artsation.com, www.dw.com, www.fotomagazin.de, www.wikipedia.org