Wir sind für Sie da: 05151-9119090
    x
x

„Social Skate“ – Skate-Unterricht für benachteiligte Kinder

26.09.2022
Projekt Social Skate in Sao Paulo

In den achtziger Jahren hatte das Skateboardfahren in Brasilien einen schlechten Ruf. In den Augen der Öffentlichkeit war Skaten vor allem ein Sport für Unruhestifter und kriminelle Jugendliche. Es wurde sogar eine Zeit lang in der Metropole São Paulo verboten. Heute hat sich das geändert. Auch wenn mit Brasilien oft Fußball assoziiert wird, bezeichnen viele das Skaten als heimlichen Volkssport. Denn in dem Land gibt es so viele Skate-Pisten wie sonst nirgendwo auf der Welt. Und die Skate-Community wächst seit den neunziger Jahren rasant. Skate-Ikonen wie der Brasilianer Bob Burnquist sind international bekannt. Der Sport ist längst die Grundlage für einen millionenschweren Wirtschaftszweig mit exklusiven Skate-Parks, Modemarken und Videospielen.

Seit letztem Jahr ist Skaten sogar olympisch. Bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio feierte die Sportart ihre Premiere. Die Brasilianerin Rayssa Leal gewann im „Street Skate“ Silber. Mit 13 Jahren ist sie die jüngste brasilianische Olympiateilnehmerin aller Zeiten. Der Skateboard-Star gewann neben der Medaille auch den „International Visa Award“ für Athleten, die am besten die olympischen Werte repräsentieren. Das Preisgeld von 500.000 Euro spendete sie an die Nichtregierungsorganisation „Social Skate“, damit diese weiterhin „durch das Skaten das Leben von Mädchen und Jungen positiv verändern kann“.

Was macht die Organisation?

Und genau das ist das Ziel von „Social Skate“, das 2011 von dem leidenschaftlichen Skater Sandro Testinha und seiner Frau Leila Vieira dos Santos gegründet wurde. Sie geben sozial benachteiligten Kindern in der Kleinstadt Poá, am Rande von São Paulo, kostenlosen Skate-Unterricht. Die Stadt kennt viele soziale Probleme, wie Kriminalität, Gewalt und Arbeitslosigkeit. In der Gegend gibt es sonst kaum kostenlose Freizeitangebote für Jugendliche. Das Projekt ist daher von Beginn an auf große Begeisterung gestoßen. Die Nachfrage war sehr groß. Die meisten Teilnehmenden sind zwischen 4 und 17 Jahren alt.

Durch die Übungen mit dem Skateboard lernen die Jugendlichen spielerisch Disziplin, Selbstbewusstsein und Teamgeist. Nach dem Training kommt die Gruppe stets zu einer Gesprächsrunde zusammen und redet darüber, was gut gelaufen ist und was nicht. Auf diese Weise versuchen Testinha und Leila, den Kindern eine offene und respektvolle Kommunikation beizubringen und ihre sozialen Kompetenzen zu stärken.

Seit letzten Sommer kann das Paar wieder regelmäßig das Training in São Paulo anbieten. Zuvor musste der Unterricht auf Grund der Corona-Pandemie viele Monate ausfallen. Das war besonders für die Kinder eine sehr schwierige Situation, die bei „Social Skate“ neben dem Sport auch eine kostenlose Mahlzeit bekommen sowie einen Ansprechpartner für ihre persönlichen Probleme in der Schule oder mit der Familie. In dieser Zeit haben Testinha und Leila Lebensmittel bereitgestellt und aufmunternde Geschichten im Internet geteilt.

Prävention statt Intervention

Zuvor hatte Testinha lange Zeit als Sozialarbeiter in Jugendstrafanstalten gearbeitet. Die Arbeit dort hat ihm gezeigt, wie wichtig gute Einflüsse und Perspektiven für junge Erwachsene sind. Seine Motivation, „Social Skate“ zu gründen, beruht auf diesen Erfahrungen. Testinha und Leila sehen ihre Arbeit als Investition in die Zukunft. Sie argumentieren, es wäre besser, Kinder von klein auf davon abzuhalten den falschen Weg zu gehen, anstatt damit zu beginnen, wenn sie bereits im Gefängnis sind. Insgesamt hat das Paar schon mehr als tausend Kindern und Jugendlichen Skate-Unterricht gegeben. Viele, die bei „Social Skate“ den Sport gelernt haben, arbeiten heute selber als Skate-Lehrer.

Weibliche Vorbilder

Bis vor kurzem dominierten vor allem männliche Skater die Szene. Es gab nur wenige weibliche Vorbilder, die Mädchen dazu inspirierten, den Sport auszuprobieren. Doch das ändert sich gerade durch Athletinnen wie Rayssa Leal. Ihr Erfolg ermutigt viele Mädchen, mit dem Skaten anzufangen. Das wird auch bei „Social Skate“ bemerkt. Die Organisation gibt nun einmal in der Woche Skate-Unterricht exklusiv für Mädchen. Sogar schon mit Rayssa Leal zusammen, die den aufstrebenden Skaterinnen bei „Social Skate“ ihre besten Tricks gezeigt hat.

Brasiliens Leidenschaft

Das Erfolgskonzept von „Social Skate“ beruht neben der hingebungsvollen Arbeit von Testinha und Leila auf der Beliebtheit des Sportes selbst. Skaten ist neben dem Surfen eine der beliebtesten Sportarten in Brasilien. Das lässt sich auch auf einer Brasilien Reise schnell erkennen. In Hotspots wie Florianópolis ist die Skate-Community sehr präsent. Gut ausgebaute Halfpipes lassen sich in der ganzen Stadt finden. Und auch an etlichen Stränden finden sich Promenaden, auf welchen sich in den Abendstunden viele Skate-Begeisterte tummeln.

Quellen: socialskate.org, www.dw.com, www.skate-aid.org

Quelle: Aventura do Brasil