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Funk – Der (neue) Sound Brasiliens

08.08.2022
Funk ist ein moderner Sound aus Brasilien

Man hört sie im Supermarkt, aus vorbeifahrenden Autos auf der Straße oder spätestens, wenn man abends ausgeht. An den harten, blechernen Tönen des Funk kommt man in einem Brasilien Urlaub nicht vorbei, denn sie sind überall. Doch nicht nur in Brasilien ist Funk etabliert. Mittlerweile hat der Musikstil auch den Rest der Welt erreicht und ist fest im internationalen musikalischen Mainstream verankert. Nicht zuletzt durch die anerkannte Sängerin Anitta aus Rio de Janeiro, die seit Jahren ihre Lieder im Stil des Funk gestaltet.

Was ist Funk?

Seine Anfänge findet der Funk schon zu Beginn der achtziger Jahre in den Armenvierteln, den Favelas, von Rio de Janeiro. Der US-amerikanische Funk, dessen Ursprünge in der afroamerikanischen Musik zu verorten sind, gelangte zu dieser Zeit nach Brasilien. Da jedoch kaum jemand die englischen Texte verstand, entstand eine eigene Art des Funk in den Vororten von Rio de Janeiro in portugiesischer Sprache und mit lokalen Rhythmen.

Damals wie heute bildet der Funk ein Sprachrohr für die Bewohnerinnen und Bewohner der Favelas, um ihre Lebensrealität ausdrücken zu können. Die Musikschaffenden werden als Funkeiras bezeichnet. Die Texte handeln meist von Gewalterfahrung und Armut, aber auch von der Hoffnung auf ein besseres Leben, vom finanziellen und sozialen Aufstieg und in diesem Sinne von einem Entkommen aus jenen Strukturen, die den Alltag in den Armenvierteln prägen. Mit den Jahren entstanden zahlreiche Untergenres. Manche davon sind nicht ganz unproblematisch wie der Funk proibidão, der „verbotene Funk“, der in seinen Liedern Gewalt und Drogen verherrlicht.

Politische Hintergründe und soziale Aspekte des Genres

Auch wenn brasilianische Funk-Sängerinnen wie Anitta mit ihrer Musik ein größeres internationales Publikum ansprechen wollen, die Rhythmen sind teilweise stark der Popmusik angeglichen und lassen sich manchmal nur noch als schwache Melodie im Hintergrund heraushören, ist das Genre weiterhin in einen politischen Rahmen einzuordnen. Die Funkeiras verstehen ihre Arbeit nicht selten als aktivistisch. Insbesondere seit den 2000er-Jahren treten vermehrt weibliche Funkeiras in die Öffentlichkeit und schaffen einen Gegenpol in dem bis dahin vorwiegend männlich dominierten Genre. In ihrer Musik spiegelt sich häufig der Kampf gegen das Patriarchat und gegen Sexismus wider. MC Carol, Tati Quebra-Barraco und Ludmilla sind gängige Namen aus der Szene.

Im Fokus der Auseinandersetzungen stehen vor allem auch die Bailes, öffentliche Partys in den zentralen Straßen der Siedlungen, in denen bis spät in die Nacht zu Funk getanzt wird, der aus gewaltigen Lautsprecherboxen schallt. Die Bailes besitzen eine stark inklusive Funktion für die in den Favelas lebenden Menschen. Bewohner verschiedener Viertel kommen zusammen, um zu reden, zu tanzen und Spaß zu haben. Momente der Verbundenheit zwischen den einzelnen Nachbarschaften werden dadurch erzeugt. Schattenseiten dieser Partys sind der Missbrauch von Drogen und Zusammenstöße zwischen verfeindeten Banden.

Diese Kriminalität wird von den polizeilichen Behörden als Anlass gesehen, relativ repressiv gegen die Bailes vorzugehen. Schon mehrmals erfolgte im Kongress der Versuch, die Bailes zu verbieten, bisher allerdings erfolglos. Kritiker sehen in diesem Vorgehen mehr ein Unterdrücken von suburbaner Kultur als die Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit. Denn, so meinen sie, die in den Favelas herrschenden Probleme würden auch ohne den Funk fortbestehen.

Funk außerhalb der Favelas

Für Urlaubsreisende, aber auch für Brasilianer, die aus wohlhabenderen Gegenden kommen, ist es folglich nur schwer möglich, an einem Baile funk teilzunehmen. Um trotzdem einen Eindruck von einem Baile bekommen zu können, empfiehlt es sich, die Werke des Fotografen Vincent Rosenblatt anzuschauen. Der Fotograf aus Paris ist seit mehr als zehn Jahren in der Funk-Szene von Rio de Janeiro unterwegs und konnte mit seiner Kamera zahlreiche beeindruckende Momente auf Partys festhalten. Auszüge seiner Werke lassen sich im Internet finden.

Selbstverständlich ist Funk nur eines von vielen Musikgenres in Brasilien. Dennoch prägt die Musik einen großen Teil der Gesellschaft und ist fester Bestandteil des brasilianischen Alltagslebens. Zusammenfassend lässt sich Funk somit als brasilianisches Allgemeingut bezeichnen. Das Genre ist zu einer millionenschweren Industrie herangewachsen und erhält internationale Anerkennung. Der Funk hat es geschafft, die Grenzen der Favela zu überwinden und wird inzwischen in schicken Clubs mit hohen Eintrittspreisen gespielt. Die Hintergründe der Musik zu kennen hilft, die Menschen und die Kultur des Landes während einer Brasilien Reise besser zu verstehen.

Quellen: norient.com, siso.pt, www.amerika21.de, www.srf.ch

Quelle: Aventura do Brasil