Drei Top-Künstlerinnen Brasiliens – Funk, Rock und Samba

Brasilien ist ein Land der Musik, das wird auf einer Brasilien Reise jedem schnell bewusst. Überall singen und tanzen Menschen auf der Straße, oft ohne Anlass. Die brasilianische Lebensfreude drückt sich in vielen Musikstilen aus. Ob Samba, Bossa Nova oder Funk: europäische, afrikanische und indigene Einflüsse machen die brasilianische Musik so vielfältig und einzigartig.

Drei Top-Künstlerinnen der brasilianischen Musikgeschichte möchten wir Ihnen in diesem Artikel vorstellen.

Anitta ist eine der erfolgreichsten Sängerinnen der heutigen Zeit. Die Sängerin ist weltbekannt. Nicht nur durch ihre Lieder, sondern auch durch ihr politisches Engagement als Feministin. Laut dem Vogue Magazine gehört sie zu den hundert einflussreichsten und kreativsten Menschen der Welt. Während ihre früheren Songs vom brasilianischen Funk geprägt waren, sind ihre neueren Lieder überwiegend dem Pop-Genre zuzuordnen.

Anitta ist der Künstlername von Larissa de Macedo Machado. Den Namen wählte sie auf Grund der Miniserie „Presença de Anita“. Anita, die Protagonistin der Serie, verkörpert eine verführerische Nymphe, die alle verzaubert. Und der Name ist auch Programm bei der Sängerin. Ihr Stil lässt sich als provokant beschreiben. So zeigt sich Anitta stets sehr freizügig in knappen Bikinis und mit aufreizenden Tänzen. Sich selbst so zu sexualisieren versteht die Künstlerin als Freiheit.

Die Sängerin wurde im Jahr 1993 in einer Favela Rio de Janeiros geboren. Anitta stammt aus einfachen Verhältnissen. Ihre Mutter war Schneiderin, ihr Vater hat Autobatterien verkauft. Schon mit acht Jahren sang Anitta im Kirchenchor. Mit fünfzehn Jahren begann sie Tanzstunden zu geben und trat bei Gesellschaftstänzen auf. Ihren Gesang und ihre Choreografien filmte sie und stellte die Videos anschließend ins Internet. Dank der Videos wurde Anitta von „Furacão“, einem damals führenden Musiklabel, entdeckt. Ihr erster Song „Vou Ficar“ war sehr erfolgreich. Im Jahr 2013 erhielt Anitta auf Grund ihres Erfolgssongs „Meiga e Abusada“ einen Plattenvertrag bei der Warner Music Group. Das Lied „Vai Malandra“ kann als bisheriger Höhepunkt ihrer Karriere angesehen werden. Insbesondere das Musikvideo zu dem Lied erhielt große Aufmerksamkeit, unter anderem wegen dem positiven Bild des weiblichen Körpers, das Anitta darin vermittelt.

Ihr neuer Song „Girl from Rio“ ist eine Referenz an das Lied „Garota de Ipanema“ von Antonio Carlos Jobim, einem der berühmtesten Songs der Bossa Nova. Jobim fantasiert in seiner Version über ein Mädchen am Strand. Er singt über ihr Aussehen und ihren Körper. Anitta wechselt die Perspektive. Sie singt aus der Sicht der Mädchen, mit Zeilen wie „Wo ich herkomme, sehen wir nicht aus wie Models“.

Im Zuge des Wahlkampfes vor den Präsidentschaftswahlen 2018 begann Anitta, sich auch stärker politisch zu engagieren. Sie selber nahm Nachhilfe in Politikunterricht und teilte das Gelernte mit ihren Fans live auf Instagram.

Rita Lee ist eine weitere Ikone der brasilianischen Musikkultur, auch bekannt als „Königin des brasilianischen Rock“. Mit mehr als 60 Millionen verkauften Platten weltweit trägt sie diesen Titel nicht ohne Grund. Die Sängerin hat sich ein Leben lang für die Rechte von Frauen eingesetzt und war stets eine Vorreiterin ihrer Zeit. Etwa als erste Frau, die bei ihren Shows selbst Gitarre spielte. Ein Instrument, welches lange Zeit als maskulin angesehen war.

Rita Lee wurde in São Paulo geboren und verbrachte in der brasilianischen Metropole einen Großteil ihres Lebens. Die Sängerin hat US-amerikanische und italienische Vorfahren und spricht fünf Sprachen. In ihrer Kindheit nahm die Artistin Klavierstunden bei der berühmten Pianistin Madalena Tagliaferro.

Lees Karriere nahm ihren Anfang mit der Gründung der Band „Os Mutantes“ im Jahr 1966. Weitere Bandmitglieder waren Arnaldo Baptista und Sérgio Dias. Die Band veröffentlichte bis 1972 fünf Alben. Die Sängerin war zu dieser Zeit mit Baptista verheiratet. Nach mehreren Konflikten wurde die Sängerin von ihrem Ex-Mann aus der Band geschmissen. Die Schlagzeile sorgte für große Diskussionen zu der Zeit. Doch Lee ließ sich dadurch nicht entmutigen und gründete ein Jahr später mit drei weiteren Freunden, Lúcia Turnbull, Sérgio Carlini und Lee Marcucci, die Band „Tutti Frutti“. Ihr zweites Album „Fruto Proibido“ gewann zweifach Platin und verhalf insbesondere Lee zu mehr Bekanntheit in Brasilien. Ihr Charisma und ihr Talent begeisterten die Massen. Erste Tourneen vor großem Publikum fanden statt.

Anschließend lernte Lee Roberto de Carvalho kennen, mit dem sie von da an Musik produzierte. Wenig später wurden sie auch privat ein Paar. Auch mit Carvalho entstanden mehrere Alben, einige Lieder wurden nationale Hits, wie etwa „Cor-de-Rosa Choque“ und „Desculpe o Auê“. Im August 1976 wurde die Sängerin unter dem Vorwand des Besitzes von Marihuana verhaftet. Sie war zu diesem Zeitpunkt im dritten Monat schwanger und konnte die Strafe mit einem Jahr Hausarrest absitzen. Der Fall sorgte für große Empörung und ist eines von vielen Beispielen von Amtsmissbrauch der Militärdiktatur, die in Brasilien zu dieser Zeit herrschte. Lee nutzte die Zeit, um gemeinsam mit Paulo Coelho den Mega-Hit „Arombou a Festa“ herauszubringen.

Im Jahr 1990 entschlossen sich Lee und Carvalho, nicht weiter musikalisch zusammenzuarbeiten. Ritas Solokarriere dauerte noch weitere 15 Jahre an und umfasste zahlreiche Tourneen, Alben und Fernsehauftritte. Einer ihrer berühmtesten Auftritte ist die Eröffnungsshow der brasilianischen Rolling Stones Tournee im Jahr 1995.

Ihre Autobiographie „Rita Lee: Uma Autobiografia“ war 2017 das meistverkaufte Buch in Brasilien.

Elza Soares, bürgerlich Elza Gomes da Conceição, ist eine der bedeutendsten Interpretinnen des Samba. In ihrer Heimat wird sie als „Sängerin des Jahrhunderts“ gefeiert. In ihrem Leben brachte sie mehr als 30 Alben heraus. Ebenfalls war sie für ihre laute Kritik an den sozialen Verhältnissen in Brasilien bekannt.

Soares, im Jahr 1930 geboren, wuchs in armen Verhältnissen in Água Santa, einer Favela in Rio de Janeiro, auf. Schon mit zwölf Jahren heiratete sie zum ersten Mal. Sie arbeitete zunächst als Putzfrau und in einer Seifenfabrik. Im jugendlichen Alter erlitt sie ihre ersten schweren Schicksalsschläge, als sie drei Kinder auf Grund von Unterernährung verlor.

Im Jahr 1953 gewann sie einen Gesangswettbewerb des Komponisten Ary Barroso. Anschließend wurde sie als Schlagersängerin in dem Orchester „Garam de Bailes“ engagiert, für das sie ein Jahr lang arbeitete. Nach einem Aufenthalt in Argentinien erschien Soares‘ erstes Album „Se acaso você chegasse“ im Jahr 1960. Elza wurde daraufhin für die angesehene Show „Primeiro Festival Nacional de Bossa Nova“ engagiert.

Einer ihrer prominentesten Aufritte war zwei Jahre später, als sie anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft in Santiago de Chile zusammen mit Louis Armstrong sang. Dort lernte sie den brasilianischen Nationalspieler Garrincha kennen. Das Paar heiratete im Jahr 1966. Die vielen Konflikte und Dramen zwischen dem Ehepaar führten zu einer Alkoholabhängigkeit Soares‘, die sich auch negativ auf ihre Popularität auswirkte. 1969 zog sie nach Italien und trat bis 1972 im Teatro Sistina in Rom auf.

Ihr letztes Album erschien im Jahr 2019. Es trug den Titel „Planeta Fome“, eine Erinnerung an ein Radio-Interview zu Beginn ihrer Karriere, in dem sie gefragt wurde, von welchem Planeten sie komme. Ihre Antwort damals lautete: „Vom Hungerplaneten.“

Eine ihrer höchsten Anerkennungen erhielt Soares beim Karneval von Rio 2020. Die Sambaschule „Mocidade“ ehrte sie mit einem eigenen Umzug im Sambodrom. Traurige Schlagzeilen machte zuletzt die Nachricht von Soares‘ Tod. Die Ikone ist Ende Januar 2022 verstorben. Sie wurde 91 Jahre alt.

Sowohl Anitta, als auch Rita Lee und Elza Soares haben in ihrem Leben Außergewöhnliches geleistet. Nicht nur wegen ihrer Musik, sondern auch durch ihr gesellschaftliches Engagement sind die Top-Künstlerinnen in Brasilien bekannt. Den einen oder anderen Song dieser drei faszinierenden Persönlichkeiten werden sie bestimmt während Ihres Brasilien Urlaubes zu hören bekommen!

Quellen: brasilienportal.ch, www.letras.mus.br, www.spiegel.de